Publikationen
Autonomie der Schiedsvereinbarungen und Urteilsfähigkeit
Autonomy of Arbitration Agreements and Capacity of Judgement
Daniela Frenkel;
in: ASA Bull. 1/2024, p. 45 et seqq.
Daniela Frenkel kommentiert das Urteil 4A_148/2023 des Bundesgerichts vom 4. September 2023 (BGE 150 III 147) betreffend die Autonomie von Schiedsvereinbarungen und Urteilsfähigkeit.
Mit diesem Urteil bestätigte das Bundesgericht den Grundsatz von Art. 178 Abs. 3 SchKG, wonach die Gültigkeit einer Schiedsvereinbarung nicht mit der Begründung angefochten werden kann, dass der Hauptvertrag ungültig ist (Autonomie der Schiedsvereinbarung). Während sich die Geschäftsunfähigkeit aufgrund der Minderjährigkeit einer Partei sowohl auf die Gültigkeit des Hauptvertrages als auch der Schiedsvereinbarung auswirkt, ist eine solche Schlussfolgerung in anderen Situationen nicht zwingend. Nach schweizerischem Recht ist die Handlungsfähigkeit beispielsweise ein relativer Begriff, der individuell in Bezug auf eine bestimmte Handlung zu einem bestimmten Zeitpunkt beurteilt werden muss. Es ist daher möglich, dass eine Partei über die erforderliche Urteilsfähigkeit verfügt, um die Bedeutung und Tragweite eines Hauptvertrags zu erfassen, nicht aber die einer Schiedsvereinbarung und umgekehrt. Das Urteil bestätigt auch, dass der Schutz zivilrechtlich geschäftsunfähiger Personen Teil des materiellen Ordre public ist. Die Aufhebung eines internationalen Schiedsspruchs wegen Verstosses gegen den Ordre public ist jedoch äusserst selten. Schliesslich zeigt der Entscheid, dass eine Partei, die die Aufhebung eines Schiedsspruchs beantragt, trotz der Anonymisierung der Namen der Parteien in den publizierten Entscheiden des Bundesgerichts damit rechnen muss, dass die Einzelheiten des Rechtsstreits und des Schiedsspruchs der Öffentlichkeit bekannt werden.